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Und zwar um einem andern Fürsten die Aufwartung zu machen: Dem Fürsten Bismarck. Besonders das Einvernehmen mit den Herren Mengele und Vögeli ward von Mal zu Male herzlicher. -
Der mit einem Schnitt aus der Totalen verbundene Sprung in den Beginn einer kleinen Episode verdeutlicht zunächst, dass die Jahreszeit möglicherweise einen nicht unerheblichen Einfluss auf den zunehmend geläuterten Gemütszustand der erwähnten Herrschaften ausübte. Abermals drohte nämlich der Frühling - und selbst den Fürsten Buddl schien die Natur zu zwicken und zu zwacken, dass es eine Freude war. Kaum ein Rock war vor den zwinkernden Offerten des rüstigen Rentners sicher.
Im Schankraum. Am runden Tisch im Zentrum sitzen Fürst Buddl, Dr. Mengele und Herr Vögeli - unweit an der Theke Edgar Wallach und eine blonde Dame, die sich anschickt, ihren Kaffee zu bezahlen und zu gehen.
Fürst B. (ruft die blonde Dame): "Hallo, trinkst 'n Schnaps mit?"
Blonde Dame (dreht sich herüber): "Nein, vielen Dank. Ich wollte gerade gehen."
Fürst B. (zuckt die Schultern): "Dann halt nächstes Mal." (Im Flüsterton zu Vögeli): "Wie heißt die? Ist das die Petra ?"
Vögeli (aus Peinlichkeitsgründen ebenfalls pianissimo): "Gabi. Gabi heißt das Mädchen."
Fürst B.: "Karin?"
Vögeli: "Nein, Gabi."
Fürst B. (geifert immer noch unverhohlen zur Theke hinüber, wendet sich dann erneut an Vögeli): "Is 'n nettes Mädchen, die Carmen. Die hat auch 'n paar Mal schon einen mitgetrunken."
Vögeli (zu Dr. Mengele): "Kannst du dich daran erinnern, dass die Gabi schon mal einen mitgetrunken hätte?"
Mengele: "Er meint wahrscheinlich die Heidi. Wenn man vielleicht nur noch schemenhafte Umrisse wahrnimmt, wäre die Verwechslung durchaus denkbar."
Fürst B. (lächelt den Freunden schwerhörig zu): "Trinkt aus Kameraden, wir wollen noch einen trinken!"
Abgang blonde Dame.
Fürst B. (bestellt drei "Rezepte", wendet sich dann, etwas nachdenklicher, erneut an Vögeli):
"Kommt die Petra nochmal wieder?"
Edgar Wallach (unterbricht die halbamouröser Tändeleien): Wo ist eigentlich der "Hemuthh" abgeblieben? Den hab'ich heute den ganzen Tag noch nicht gesehen."
Keiner der Anwesenden weiß eine Antwort. Da greift ein kleiner Souffleur, der aus einer Klappe unter dem runden Tisch lugt, in das Geschehen ein.
Souffleur (mit zu Flüstertüten geformten Händen vor dem Mund): "Der ist nach Warstein gefahren, um die dortige Brauerei zu besichtigen."
Edgar Wallach (fasst sich vor den Kopf): "Stimmt ja, genau. Na, dann wird er ja mit so einer" (beschreibt mit den Händen einen Durchmesser von zirka 80 Zentimetern) "Birne zurückkommen."
Fürst B. (rezitiert, offenbar immer noch eingedenk der blonden Damen): "Das Leben geliebt, die Sünde geküsst, das Herz den Frauen gegeben! Und wenn morgen der Tod uns ruft - das war ein Fliegerleben!"
Vögeli zieht aus einer Papiertüte ein Buch - 'In Swanns Welt' von Marcel Proust.
Vögeli (zeigt das Buch Dr. Mengele): "Das hat wohl keinen Zweck, was? Ist bestimmt Blödsinn, gell?"
Mengele (nickt, ohne zu zögern): "Den Scheiß kannst du vergessen. Lies lieber Micky Maus, da steckt viel mehr Weisheit drin."
Vögeli zieht jetzt eine Kassette aus der Tasche, und es gelingt ihm, die zunächst zaudernde Wirtin zu überreden, ein Stück davon zu spielen. Eine schwarze Dame singt von den Märchen, die die Mama ihr einst vor dem Gutenachtkuss erzählt - dass sie aber später weder Zaubertränke noch Pferde mit Flügeln gefunden habe, sondern höchstens böse Prinzen und vergiftete Äpfel. Mit der Phantasie sei es vorbei, das Leben müsse jetzt endlich beginnen: The story ends like stories do, reality steps into view. Durch ein paar flotte, jazzige Sequenzen mindert schließlich der begleitende Pianist die Melancholie - Hoffnung keimt wieder auf.
Mengele (beginnt, mit überraschender Vehemenz zu lästern): "Blöde Schlampe! So ein Scheiß. Das ist doch Musik für Vollidioten!"
Vögeli (verteidigt fast außer sich vor Erregung die schwarze Dame): "Halt dein Maul! - Ich würde darum betteln, dieser Frau nur einmal die Schuhe putzen zu dürfen!"
Fürst B. (lustig zu Vögeli, ohne im geringsten zu wissen, um was es geht): "Hau ihm doch eins in die Fresse."
Nach mehreren "Rezepten" kehrt zwar wieder Eintracht ein. Doch die Divergenzen sind trotzdem nicht mehr unter einen Hut zu bringen. Fürst Buddl kann die blonden Damen nicht vergessen, durchs Hirn von Vögeli fuhrwerkt der Gesang der dunklen Dame, Dr. Mengele streichelt zärtlich sein Weinbrandglas - der Frühling steht halt vor der Tür.
The story ends like stories do - just in dem Moment, als Inspektor Gallo Marlowe, der Chef der geheimen Geheimpolizei (GeGepo) mit tief ins Gesicht gezogenem Hut das Lokal betritt: Die Freunde trennen sich, und jeder geht seines Weges, die eine oder andere Wirklichkeit zu gewärtigen.
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Rezension von ChatGPT
"Der Fürst und die Ladies" präsentiert sich als eine skurrile Mischung aus humorvollem Kneipendrama und melancholischer Reflexion über das Leben, die Erinnerungen und die Vergänglichkeit. Der Text schafft es, mit scharfsinnigen Dialogen und einem liebevoll gezeichneten Figurenensemble, sowohl zum Lachen als auch zum Nachdenken anzuregen.
### Figuren und Dialoge
Die Charaktere sind das Herzstück dieser Geschichte. Fürst Buddl, der rüstige Rentner mit einem offensichtlichen Faible für Damenbekanntschaften, ist charmant und leicht exzentrisch. Dr. Mengele und Herr Vögeli, seine treuen Gefährten, ergänzen das Trio perfekt, wobei jeder seine eigene skurrile Note beiträgt. Mengele, der mit seiner zynischen und oft scharfzüngigen Art die intellektuelle Ebene bedient, und Vögeli, der mit seiner Leidenschaft für Literatur und Musik einen Hauch von Sentimentalität in die Runde bringt, schaffen ein dynamisches und unterhaltsames Gefüge.
Die Dialoge sind pointiert und lebendig, oft mit einem humorvollen Unterton versehen. Besonders hervorzuheben ist die Szene, in der die Herren über die Namen der blonden Dame spekulieren – ein Moment, der sowohl die Altersvergesslichkeit als auch die anhaltende Lebenskraft der Protagonisten humorvoll einfängt.
### Struktur und Stil
Die Erzählweise des Textes ist erfrischend unkonventionell. Der plötzliche Sprung in eine kleine Episode durch einen "Schnitt aus der Totalen" verleiht der Geschichte eine filmische Qualität, die die Leser sofort in die Szenerie des Gasthauses "Zum Schwarzen Loch" zieht. Der Text wechselt gekonnt zwischen Dialog und Erzählung, wobei letzterer oft einen ironischen Unterton besitzt, der die Charaktere liebevoll, aber nicht ohne eine gewisse Schärfe beschreibt.
### Themen und Motive
"Der Fürst und die Ladies" thematisiert die Vergänglichkeit und die Nostalgie. Der Frühling als Metapher für das Erwachen und die Erneuerung steht im Kontrast zu den alternden Protagonisten, die in Erinnerungen schwelgen und dennoch ihre Lebensfreude nicht verloren haben. Die blonde Dame und die schwarze Sängerin repräsentieren unterschiedliche Aspekte der Sehnsucht und der Realität, mit denen die Männer konfrontiert sind.
Das wiederkehrende Motiv der "Rezepte" – offenbar eine euphemistische Bezeichnung für alkoholische Getränke – symbolisiert nicht nur den Trost und die Gemeinschaft, die die Protagonisten im Alkohol suchen, sondern auch die Rituale, die ihr Leben strukturieren.
### Fazit
"Der Fürst und die Ladies" ist eine gelungene Kurzgeschichte, die mit Witz und Weisheit die kleinen Dramen und Freuden des Lebens einfängt. Die Charaktere sind liebevoll und detailreich gezeichnet, die Dialoge lebendig und oft urkomisch. Gleichzeitig schwingt in allem eine leise Melancholie mit, die den Text zu einem nachdenklichen und gleichzeitig unterhaltsamen Lesevergnügen macht.
Es adelte sehr: Fürst P.-E. war bekanntlich der Duodez-Monarch aus dem Röteln benachbarten Drückeberg, Fürst Myschkin "der Idiot" von Dostojewskij. Fürst Buddl indessen war ein Opa, der sich stets, wenn die Glocke sechs Mal schlug, im Gasthaus "Zum Schwarzen Loch" mit einer Delegation von Jungsenioren zum gemütlichen Beisammensein traf.