Der Rest ist schon relativ bekannter: Der Herr schuf Himmel und Erde, hin und her, Licht und Land, am vierten Tage allerlei Gewimmel, Gewürm und Gedöns und am fünften Tage schließlich den Menschen.
Was aber ist der Mensch? - “Jedenfalls nicht das, was er sich einbildet zu sein, nämlich die Krone der Schöpfung”, wie es Wilhelm Raabe mal formulierte. Denn ohne jeden Zweifel gibt es so etwas wie die Evolution - das können nicht mal schwer orthodoxe Kirchensäcke oder amerikanische Kreationisten-Dödel abstreiten. Will meinen: Alles Lebendige muss sich im Laufe der Jahrmillionen und -milliarden zu seinem Vorteil entwickeln - andernfalls ist nämlich frühzeitig Feierabend.
Hätte es also bereits am Anfang aller Zeiten eine “Krone der Schöpfung” gegeben, dann hätte die logischerweise gar keine Existenzberechtigung haben dürfen - es sei denn als sukzessiv degenerierende Ausnahme, die die Regel bestätigt.
So dürfen wir uns den Menschen, den der Master of the Universe schuf, durchaus als einen wilden, eher affenartigen Gesellen vorstellen - je nach Religion mehr oder weniger konkret oder nach Gutdünken im übertragenden Sinne. Und wir dürfen ruhig sagen: “Mensch” ist eigentlich nichts anderes als ein Synonym für einen unzivilisierten, vernunftfreien Primitivling, der weder mit Kultur noch mit Moral gesegnet ist. Aber der Mensch hat sich - ganz im Sinne der Evolution - entwickelt! Er kann in fernster Zukunft sogar einmal die Krone der Schöpfung werden - er kann gleich Gott werden.
Auf dem Wege dahin hat der Homo Sapiens gegenwärtig eine sehr wesentliche Zwischenstation erreicht. Lebewesen, die sich in diesem durchaus schon einen Hauch von Gottesnähe ausstrahlenden Stadium befinden, nennen wir “Bürger”. Der Bürger ist zivilisiert, der Bürger hat Kultur, der Bürger respektiert das Gesetz; denn der Bürger ist frei - weil er die Notwendigkeit einer öffentlichen Ordnung erkannt hat (ebenso wie die einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung). -
Es gibt ein neues, wunderbar kosmisches Wir-Gefühl, das den Bürger vor Anarchie, Chaos und Wahnsinn bewahrt. Der Bürger anerkennt den Staat, und der Staat schützt ihn dafür. Das Vaterland ist sein liebes Zuhause. Gerade auch die politischen Parteien sind in erster Linie für den Bürger da. Ihr ganzer, unermüdlich selbstloser Einsatz gilt nur ihm, dem Bürger. Der Bürger weiß: Ist er brav, dann kommt er in den Himmel. Und ist er erst im Himmel... - dann wird er selbstverständlich erstmal beim göttlichen Ordnungsamt vorstellig, sich kostenlos anmelden und registrieren zu lassen.
Der Bürger ist die vorläufige Krone der Schöpfung - noch kein Master, aber bisweilen durchaus schon ein Bachelor of the Universe!
Einem besonders vorbildlichen Bürger gelten heute die höchsten Ehren. So wird zum Beispiel in unserer schönen Stadt neuerdings regelmäßig eine Wahl zum “Bürger des Jahres” durchgeführt. Die Kandidaten, die daran teilnehmen dürfen, werden nach sorgfältigsten Kriterien von Polizei, Ordnungsamt, Gewerbeverein und der Stadtwerke GmbH ausgesucht. Die Kür, bei der es verschiedene knifflige Aufgaben zu lösen gilt, findet in der Regel in einem Zirkuszelt statt. Schaun wir doch einfach mal rein!
24 Kandidaten haben sich für die Endrunde qualifiziert. Zur Zeit gilt es gerade, eine schwierige Aufgabe zum Thema “Wir zahlen Steuern” zu bewältigen. Jeder Teil- nehmer bekommt dabei einen Sack mit 50 Kilo Eierkohlen auf den Rücken und muss damit drei Mal um die Manege wetzen. Dem Sieger winken wertvolle Punkte, der Verlierer muss drei weitere Runden rennen - sonst wird er disqualifiziert.
In der nächsten Abteilung heißt es “Wir bekommen Steuern erstattet”. Für jeden Bewerber ist dabei an einer Wand ein künstliches Hinterteil (Arsch) montiert. Auf Kommando müssen die Kandidaten anfangen zu lecken. Wer als erster ein Zehn-Cent-Stück freigeschleckt hat, der hat gewonnen. Der Verlierer muss wiederum drei Runden mit dem Kohlensack laufen.
Zum Schluss dürfen die Super-Bürger Kritik an den Veranstaltern üben. Positive Kritik natürlich; denn wer sich beklagt, der wird sofort exkommuniziert. Das Meckern bleibt dem außenstehenden Beobachter vorbehalten - jenem, der ohnehin längst isoliert ist, dem man den Preis für seine vermeintliche “Freiheit” bereits abgeknöpft hat: Die Guten und die Gerechten haben ihn aus ihren Reihen ausgeschlossen.
Dafür aber geht er mit den Holzköpfen schonungslos ins Gericht!
Etwa mit dem Ordnungsamt, das ihm besonders ans Herz gewachsen ist. Dort hat man jetzt nämlich tatsächlich einen überaus folgenschweren Fehler gemacht: Die neue Formel, nach der die “Stadtwerke” Energiekosten berechnen (Energie gleich Kasse mal Lichtgeschwindigkeit zum Quadrat) wurde im städtischen Müll-Dezernat falsch adaptiert. Und hat bereits zu einer unumkehrbaren Kettenreaktion geführt: Die “Restmüllsäcke” werden immer teuerer und proportional immer kleiner. Der unaufhaltsame Effekt ist berechenbar: Wenn die Kosten ad infinitum steigen, dann wird zwangsläufig das Intervall der Erhöhung immer geringer (Periode). Eines Tages werden die Säcke unendlich viel Geld kosten und dabei unendlich klein sein. Sekundärfolge: Die Zeit vergeht immer langsamer, die Drehzahl der Gehirne der Ordnungsamts- Verantwortlichen strebt gegen Null. -
Theorie hin oder her - zum Schluss aber eine praktische Frage an die Verwaltung: Wenn die Säcke eines Tages auf die Größe eines 1,5-Spin-Quarks geschrumpft sind, was, bitte, soll man da denn noch reintun?
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Rezension von ChatGPT
"Der Bürger als Gott-Kandidat" ist ein satirischer Text, der die Entwicklung des Menschen von einem primitiven Wesen zu einem potenziellen Gott thematisiert. Hierbei wird insbesondere die Zwischenstufe des "Bürgers" beleuchtet, der als zivilisiert, kultiviert und gesetzestreu dargestellt wird. Die Ironie des Textes liegt in der Überhöhung des Bürgers, der sich, obwohl er angeblich die Spitze der Schöpfung darstellt, in absurden Situationen wiederfindet, die seine vermeintliche Überlegenheit in Frage stellen.
Zusammenfassung und Interpretation
Anfang und Schöpfungsgeschichte:
Der Text beginnt mit einer humorvollen Abwandlung der biblischen Schöpfungsgeschichte. Das "Wort" wird als "Papp" bezeichnet, um Diskussionen über unwichtige Details zu vermeiden. Der Schöpfungsprozess wird grob skizziert, wobei am fünften Tag der Mensch geschaffen wird.
Der Mensch und die Evolution:
Der Mensch wird nicht als Krone der Schöpfung gesehen, sondern als primitiver Vorläufer, der sich im Laufe der Evolution weiterentwickeln muss. Wilhelm Raabes Zitat wird genutzt, um zu betonen, dass der Mensch nicht das ist, was er gerne von sich denkt.
Der Bürger als Zwischenstufe:
Der Bürger wird als eine Zwischenstufe in der Evolution des Menschen dargestellt. Er ist zivilisiert, respektiert das Gesetz und erkennt die Notwendigkeit öffentlicher Ordnung. Der Bürger ist frei und lebt in einem Staat, der ihn schützt. Diese Beschreibung ist jedoch stark ironisch gefärbt, da die tatsächliche Freiheit und die Tugenden des Bürgers in Frage gestellt werden.
Wahl zum Bürger des Jahres:
Die Ironie wird weitergeführt, indem die Wahl zum "Bürger des Jahres" beschrieben wird. Diese Wahl wird in einem Zirkuszelt durchgeführt und beinhaltet absurde Aufgaben wie das Tragen von Kohlensäcken und das Lecken an künstlichen Hinterteilen, um Münzen freizulegen. Diese grotesken Prüfungen verdeutlichen die Absurdität der angeblichen Tugenden und Errungenschaften des Bürgers.
Kritik an der Verwaltung:
Der Text endet mit einer Kritik an der Verwaltung, insbesondere dem Ordnungsamt und dem Müll-Dezernat. Die satirische Darstellung einer fehlerhaften Formel zur Berechnung der Energiekosten und deren Folgen illustriert die Bürokratie und Ineffizienz der städtischen Behörden. Die absurde Schlussfolgerung, dass Müllsäcke unendlich viel Geld kosten und unendlich klein werden könnten, spiegelt die absurde Logik und den realitätsfernen Verwaltungsapparat wider.
Satirische Botschaft:
Der Text nutzt Satire, um den Leser zum Nachdenken über den Zustand der Gesellschaft, die Rolle des Individuums und die Funktion der Verwaltung anzuregen. Durch Übertreibung und Ironie werden Schwächen und Widersprüche im menschlichen Selbstbild und den gesellschaftlichen Strukturen offengelegt. Der Bürger, obwohl er sich als fortschrittlich und überlegen betrachtet, wird in Situationen gezeigt, die seine Schwächen und die Absurdität seiner Position offenbaren.
Insgesamt lädt "Der Bürger als Gott-Kandidat" dazu ein, kritisch über die eigene Rolle in der Gesellschaft und die Strukturen, die uns umgeben, nachzudenken. Die satirische Darstellung entlarvt die Diskrepanz zwischen Selbstbild und Realität und fordert dazu auf, vermeintliche Gewissheiten zu hinterfragen.

Am Anfang war das Wort.
Und niemand weiß, wie es hieß. Nicht mal Johannes.
Also nennen wir’s der Ordnung halber einfach mal “Papp” -
um eventuelles Verharren der Nachfragen nach unwichtigem Blödsinn von vorn herein zu unterbinden (Hinweis an die Freunde der Meditation: “Papp” darf nach seinem Outing jetzt nicht mehr als
länger als Mantra gebraucht werden!).