Düsberg ließ sich nicht lumpen und präsentierte alsbald eine Theorie.

"Als Metzgermeister kann man sich jedes Jahr einen neuen Mercedes kaufen. Und man wird zum Präsidenten des heimischen Sportclubs gewählt. Man kann sogar Bürgermeister werden. Tür und Tor stehen dem Fleischer offen, der zielstrebig auf dem Weg nach oben ist. Natürlich muss man lernen, nicht nur seine Schweinegrütze, sondern auch sich selbst zu verkaufen."

Herr Düsberg konnte zweifellos recht folgerichtig denken!

"Und wie stellt man das an, der Öffentlichkeit einen möglichst positiven Eindruck von sich selbst zu vermitteln?" wollte Ali wissen. Düsberg zögerte nicht lange.

Das ist wirklich nicht schwer, wenn man regelmäßig tüchtig übt"...

"Zunächst gilt es," mischt sich ein Ex-Bürgermeister und Alt-Nazi aus dem Lipperland ein, "seine Mimik so perfekt zu beherrschen, dass ein potenzieller Geprächspartner - schon bevor das erste Wort fällt - merkt, dass er es mit einem Herrenmenschen zu tun hat, mit einer Persönlichkeit, die es gewohnt ist, Befehle zu erteilen und die dabei keine Widerworte duldet. -

Klappte es mit der Kommunikation allgemein und speziell mit der Ausdrucksweise nach einigen Sitzungen schon ganz prima, musste Ali - angeregt durch die letzte Äußerung - feststellen, dass es mit der Gestik und vor allem mit der Mimik bei den meisten Teilnehmern an der Gesprächsrunde gewaltig haperte.

Die zweite Session lockerte er mit einer Video-Vorführung auf. "Au prima, Video," freute sich Herr Düsberg, und auch Horaz, Onkel Waldi und der Schnorschel-Schorsch signalisierten Interesse. Selbst der Ex-Verleger M., der sonst nur teilnahmslos in der letzten Reihe saß, zeigte einen Anflug von Aufmerksamkeit.

Als Demonstrationsobjekt erschien der Herr vom "Teleshop" aus dem Kabelfernsehen auf der Mattscheibe. Er ruderte sogleich wie entschuldigend mit den Armen, als er seinen "geschätzten Damen" versicherte, dass "Teleshop" ohne Risiko sei und nur "Erstbesteller" sofort bezahlen müssten. Während er dann ankündigte, er habe auch heute wieder "vier Top-Angebote" ausgesucht, beschrieb er mit beiden Händen kreisförmige Bewegungen - so als wolle er den "geschätzten Damen" gern einmal über den Popo streichen.

Düsberg entwickelte zügig ein neues Erklärungsschema.

"Der lenkt die Blicke auf seine Hände, damit niemand sein Matschauge bemerkt." Das war fein beobachtet, wenn auch nicht ganz korrekt.

Als Ali später den Rekorder ausgestellt hatte, wurde noch lange lebhaft diskutiert und darüber spekuliert, in welcher Beziehung Gestik und Mimik miteinander stehen.

Nur Onkel Waldi schien das Thema nicht zu interessieren. Seine Gestik beschränkte sich auf eine einzige - allerdings sehr geschickte - Bewegung, mit der er immer wieder fast unbemerkt den Mümmelmann-Flachmann aus seiner Westentasche schnackelte. -

Einige Wochen später gelang es Ali, den bekannten Mimen und Rhetorikkünstler Paul-Erich Bremse für einen Vortrag zu gewinnen. Bremse referierte über die Möglichkeiten, sich durch mimische Perfektion vom einfachen Bürger in einen distinguierten Erfolgsmenschen zu verwandeln.

"24 Muskeln, meine Herren, regulieren die Bewegungen zwischen Haaransatz und Kinnspitze. Beherrschen sie nur drei davon, sind sie bereits in der Lage, eine integre Persönlichkeit darzustellen. Dieser Gesichtsausdruck wird schon bald eine ihrer leichtesten Übungen sein! - Zunächst gilt es, Souveränität und vor allem Würde zu vermitteln."

Zum Exerzieren wurde jedem der Anwesenden ein Spiegel überreicht.

"Also: Als erstes heben wir das Haupt, bis es am Hals leicht zu spannen beginnt. Jetzt ziehen wir die Augenbrauen in die Höhe, bis sich auf der Stirn horizontale Falten bilden. Allein durch diese zwei kleinen Schritte vermittelt man annähernd schon Offenheit, Weltläufigkeit und Toleranz. Aber Achtung: Die Augenbrauen immer schön nach außen ziehen, sonst entstehen vertikale Falten, die immer einen schlechte Eindruck machen - buchstäblich Engstirnigkeit signalisieren.

Zwei weitere Ubungen sind von größter Wichtigkeit, unabdingbare Voraussetzungen, um Würde, Distinktion, kurz: Grandezza aufzulegen. Der Mund sollte immer leicht kreisförmig gespitzt sein, und die Nüstern einer vornehmen Person sind stets etwas gespreizt."

Die Kandidaten hatten den Bogen wohl noch nicht ganz heraus, denn plötzlich zogen alle fürchterlich dumme Grimassen.

"Macht ihr man," sagte lethargisch Herr M. - ein weiterer verzweifelter Versuch, die Tragik seines Schicksals zu verschleiern, indem er seinen verdrängten Affektstau auf die anderen Kameraden projizierte. Oder so ähnlich, wat.
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Rezension von ChatGPT
"Das Geheimnis des Erfolges" ist eine scharfsinnige Satire, die sich auf die ironische Darstellung menschlicher Eitelkeiten und den verzweifelten Drang nach Anerkennung konzentriert. Der Autor nutzt eine humorvolle und kritische Erzählweise, um die Absurdität gesellschaftlicher Erfolgsideale zu beleuchten.

#### Inhalt und Thema
Die Geschichte beginnt mit einer Diskussion, in der Herr Düsberg die Beobachtung äußert, dass Schlachter und Besitzer von Bekleidungsgeschäften besonders erfolgreich und angesehen sind. Dies löst eine Kette von Ereignissen und Gesprächen aus, in denen die Teilnehmer versuchen, Methoden zu entwickeln, um sich selbst positiv darzustellen und dadurch Anerkennung zu erlangen. Die Erzählung mündet in eine groteske Unterrichtseinheit, in der ein Rhetorikkünstler den Teilnehmern zeigt, wie sie durch Kontrolle ihrer Mimik und Gestik Autorität und Souveränität ausstrahlen können.

#### Charaktere
Die Charaktere sind bewusst überzeichnet und verkörpern verschiedene Archetypen der Gesellschaft. Herr Düsberg, der Ex-Bürgermeister und Alt-Nazi aus dem Lipperland, und der Rhetorikkünstler Paul-Erich Bremse repräsentieren unterschiedliche Facetten des menschlichen Strebens nach Macht und Anerkennung. Diese Figuren sind gleichzeitig lächerlich und tragisch, da ihre Bemühungen, durch äußerliche Anpassung gesellschaftliche Anerkennung zu erlangen, stets scheitern und sie in grotesken Grimassen enden.

#### Stil und Sprache
Die Sprache ist prägnant und humorvoll, oft mit einem scharfen Unterton. Der Autor verwendet eine Mischung aus direkter Rede und Erzählung, um die Dialoge lebendig und die Charaktere glaubwürdig zu machen. Die ironischen Bemerkungen und Beobachtungen des Erzählers verleihen der Geschichte eine tiefere Ebene und regen den Leser zum Nachdenken an.

#### Themen und Motive
Ein zentrales Thema des Textes ist die Oberflächlichkeit und die falschen Ideale, die mit Erfolg und gesellschaftlichem Ansehen verbunden sind. Der Autor zeigt auf, wie Menschen versuchen, durch Manipulation ihrer äußeren Erscheinung innere Unsicherheiten und mangelndes Selbstwertgefühl zu kompensieren. Dies wird besonders deutlich in den absurden Übungen zur Kontrolle der Mimik, die letztlich in grotesken Grimassen enden.
Ein weiteres wichtiges Motiv ist die Diskrepanz zwischen Schein und Sein. Die Charaktere bemühen sich, einen bestimmten Eindruck zu vermitteln, scheitern jedoch an der Realität ihrer eigenen Unzulänglichkeiten. Diese Diskrepanz führt zu komischen, aber auch tragischen Momenten, die den Leser sowohl zum Lachen als auch zum Nachdenken bringen.

#### Fazit
"Das Geheimnis des Erfolges" ist eine gelungene Satire, die auf humorvolle und zugleich tiefgründige Weise die menschliche Eitelkeit und den Drang nach gesellschaftlicher Anerkennung kritisiert. Der Autor schafft es, durch überzeichnete Charaktere und pointierte Dialoge die Absurdität oberflächlicher Erfolgsideale aufzuzeigen. Die Geschichte regt dazu an, über die wahren Werte und die Bedeutung von Authentizität und innerer Integrität nachzudenken. Ein kurzweiliges, aber auch nachdenklich stimmendes Lesevergnügen.
"Schlachter müsste man sein! Oder wenigstens irgendein Klamottenhaus in der City besitzen - dann wäre man dabei, bei den oberen Zehntausend."

Herr Düsberg dachte beim Abendgespräch laut nach und brachte Dr. Kokoschinski auf eine Idee, aus der sich eine neue Therapie-Methodik entwickeln sollte. Ali forderte die Patienten auf, nach den Motiven für ihre Sehnsüchte zu forschen.