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Von seinen Beschwerden (sofern überhaupt vorhanden) wurde bei Dr. Köters sowieso niemand befreit - höchstens von der "Angst vor der Angst". Und wenn die Angst vor der Angst weg war, was blieb dann am Ende? Genau: Die angstfreie Angst. Doch kein Mensch war darob bös'. Man wollte, wie gesagt, wiederkommen.

Der Prototyp von Patient machte tagsüber gern die diversen "Kreativ"-Spielchen mit, willfuhr dem Personal und ging in der Regel am Abend auf ein paar Bierchen in den "Pariser Pub". Apropos "willfuhr dem Personal": Natürlich, nicht immer war alles eitel Sonnenschein, mein Gott, Konflikte gibt's doch überall mal. Die Sache mit der Appetenz und der Aversion ist ja hinlänglich bekannt. Der Patient, so wird behauptet, liebt seinen Therapeuten. Oder er hasst ihn.

Die Therapeuten in der Hofbergklinik indessen - das war einer der ersten Eindrücke, die unser Dr. Alfons Kokoschinski gewann - hassten alle ihre Patienten. Ausgenommen waren hübsche junge Mädchen und attraktive Damen, und wenn Not am Mann war, dann tat's wohl auch die eine oder andere weniger Bezaubernde. - Tat's? Nein, nein, so war das nicht gemeint. Jedenfalls nicht so direkt. Ist ja auch egal: Am Ende hatte fast jeder seinen Spaß, sei's am Mittag in den Hofberg-Betten, am Abend im Pariser Pub oder des Nachts in Dr. Köters Privat-Salon. -

Das Eintreffen "Heino" Ghaddafis hatte die Stadt aus ihrem Phlegma gerissen. Es nebelte in der Gerüchteküche. Heinos Debilität war ja weitläufig bekannt, sogar in Röteln. Doch was, konkret, wollte der blöde Balladen-Brillo bei Köters? Diese Frage bewegte zahllose dumpfe Gemüter.

Die Presseleute wurden von Medien-Manager von Braunau bedient. Der Verlagsinhaber hatte eine hervorragende Eigenschaft: Er konnte mit traumhafter Sicherheit spontan lügen. Und das verblüffendste war, dass ihm jede Story abgenommen wurde, wie schrill und unmöglich auch immer sie war. Zunächst hatte er die Fragen der Journalisten nach dem "warum" immer wieder mit einem souveränen "kein Kommentar" abgewürgt - bis ein besonders pfiffiger Reporter den "Grund" selbst herausfand. Er wunderte sich, dass "so ein Käse wie Heino" einen dermaßen starken Bartwuchs habe.

"Deshalb, assoh, is er hier", sagte von Braunau, ohne zu zögern, "das is' a Hormonstörung, eventuell psychisch bedingt. Das soll da Doktor Köters kontrollieren. Da Heino kriegt jetzt als erste Maßnahme jeden Tag Brathähnchen, weil da, assoh, viele weibliche Hormone drin sind, verstehens mi'?  I hob' an Abo mit "Kuddels Ketchup-Katakomben" abgeschlossen, die bringen die Hendeln jeden Tag herüber. Ssodah!"

Am nächsten Tag stand die Geschichte - mit einer einwandfreien Alliteration überschrieben - in der Rötelner Zeitung:
Hähnchen heilen Heinos Hormone.

Sieben fette Jahre begannen an diesem Tage für Kuddels Imbiss-Schuppen: Schnurrbärtige Damen und flachbrüstige Mädchen rannten ihm förmlich die Bude ein. -

Die Ankunft Ghaddafis war gleichzeitig auch der erste Arbeitstag für Dr. Alfons Kokoschinski und Frau von Habsburg an neuer Wirkungsstätte. Im Schatten der spektakulären Ereignisse allerdings kümmerte sich zunächst stundenlang niemand um sie. Seinen ersten Auftritt hatte Ali erst am Nachmittag.

"Doktor Kokoschinski bitte in den OP", ertönte gegen 16 Uhr 30 eine Stimme aus einem Lautsprecher. Ali bekam einen fürchterlichen Schreck. Dass es in der Hofbergklinik einen Operationssaal geben sollte, das war doch fast noch unwahrscheinlicher als die Wahnsinns-Geschichte um Heinos Hormone. Aber offensichtlich gab es einen. Was wollten die von ihm? Sollte er Ghaddafi jetzt eine Gebärmutter entfernen? Oder würde er Dr. Köters gleich bei der Implantation einer künstliichen Seele assistieren?

Die Sekretärin des Klinik-Chefs kam, ihn abzuholen. Dr. Alfons Kokoðschinski hatte Angst vor der Angst. Er folgte ihr bis zu einer Tür, an der "OP" stand. Als er den Raum betrat, gab es einen Knall. -

Die ganze Belegschaft des Hauses stand ihm gegenüber. "Alte Tradition", lachte Dr. Welfried Köters, der gerade einen Sektkorken abgefeuert hatte, bei uns wird jeder neue Kollege erst einmal richtig verkohlt". -

"Prost, Alfons!" Herr von Braunau hatte sein Sektglas erhoben und zwinkerte dem verdutzten Ali zu. "Prost", wiederholte der blankköpfige Medienmann, “und mach‘ net so an deppertes Gesicht, Alfons, hhihihihihihiiih! Von Braunau wandte sich jetzt an den neben ihm stehenden Dr. Köters:  "Wel... Welfried", gluckste er nach einem kurzen Champagner-Verschlucker und einem unterdriickten Schnackerl, "Welfried, hast net a paar Vitamine für den Dr. Kokoschinski?  Der Ärmste, is assoh, ganz blass geworden. Was Gesundes, assoh, Welfried verstehst was i mein?"

Herzensgut schmunzelte Dr. Köters. Mit einer kurzen, unauffällgen Handbewegung attrahierte er die Aufmerksamkeit der anwesenden Damen und Herren, bevor er langsam, sehr bedächtig und durch und durch herzlich zu lachen begann: ,,Haahhhaahhaahaahaaahh" - Nach einer beseelten Pause hub Köters abermals an - diesmal, um zu sprechen.

"Himbeeren", sagte der Klinik-Chef, "Himbeeren düften jetzt genau das richtige sein“. Sprach‘ s - und zauberte eine Flasche Himbeer-Geist herbei. Unter dem Applaus des Publikums, wurde der Obstler nach allen Seiten mit gen Himmel gestrecktem Arm präsentiert... und anschließend gekillt. -

Ali hatte schon bald einen einwandfreien Blackout, was allerdings nach außen hin nicht auffiel. Sein Zeitempfinden  war kurzfristig (?) völlig außer Kontrolle geraten. Seine Erlebnisfähigkeit hatte sich gleichwohl irgendwie potenziert, der Faktor bzw. sein Katalysator war in der Bewegung der sich beschleunigenden Zentrifuge nicht zu fassen. Wenige Minuten war er vielleicht erst hier, hatte aber schon sechs bis acht Gläser Sekt und bestimmt fünf doppelte Obstler getrunken. Und während er in ein paar Minuten Drinks für ein paar Stunden heruntergeschluckt hatte, waren ihm Gedanken für ein paar Tage durch das Hirn gesaust. Was für ökonomische Perspektiven, wenn man solche Ausfälle technisch beherrschen und steuern lernen könnte! Oder? - Wohl eher Oder!

"Walter" und ,"Welfried" dominierten die Gesellschaft weiterhin nach Belieben.

Dass der Verlagsinhaber überhaupt dabei war und dass er den Chef der Hofbergklinik duzte, versetzte Ali kaum in Erstaunen. Wäre jetzt der Dalai Lama zur Tür herein gekommen, hätte von Braunau wahrscheinlich "grüß Dich, Peperl" gesagt. Oder zum überraschend auftauchenden Papst: "Trinkst an Obstler mit, Johannes Paul?"

Dr. Köters hatte unterdessen die verbale Kommunikation eingestellt. Er freute sich einfach nur noch. Der Mann hatte wirklich Format. Die Wucht seiner Persönlichkeit degradierte sogar offenbar den immerhin gleichzeitig sich im Hause befindenden Oberst Muammar al Ghaddafi zu einem albernen Statisten. Niemand schien sich bislang um ihn geschert zu haben. Nur einmal hatte man ihn gesichtet. Zwei Gorillas schoben den falschen Heino im Rollstuhl durch die Gänge. Durch die dunkle Brille funkelten bös‘ die Augen. Ein penetranter Bratwurstbuden-Dunst hing dem Trio noch zwanzig Minuten später nach.

Alis Kurzschluss hatte tatsächlich nur wenige Minuten gedauert. Anschließend stellte er sich den neuen Kolleginnen und Kollegen vor, hielt sich wacker im Small Talk und machte sogar gelegentlich eine scherzhafte Bemerkung. Bis die Versammlung durch ein Zeichen von Dr. Köters aufgelöst wurde.

Der Chef warb bei Ali schließlich noch um Verständnis für den kleinen Spaß, den man sich mit ihm erlaubt habe - und schickte ihn dann nach Haus: Feierabend!

"Welfried“ ging, "Walter* kam: "Alfons, horch amal zu! I muss mit dir noch was besprechen, wegen morgen, verstehst mi? Geh, assoh, zum Dieter und wart‘ auf mi. I komm‘ dann später nach, dann gemma in‘ Pariser Pub, da hab‘ i assoh an Séparé reserviert. Ssodah! Tschüss dann.”

Dr. Alfons Kokoschinski hatte sich eigentlich schon auf einen gemütlichen Fernsehabend, gefreut. Doch die Verlockung, den "Muammar" noch "amal" live zu erleben, war einfach zu groß... —

Und es sollte an diesem Abend noch einen dramatischen Knaller geben: Den ersten Auftritt des Triple-Agenten Dr. Ewald Stramme. -

Bei Dieter hockte die üb­liche Stammkundschaft. Auch Super-Hirn Düsberg, der Mann, der alles wusste und kannte, residierte auf seinem Platz. Mit kaum ver­hohlener Verachtung beob­achtete er den Nachwuchs-Verlagsinhaber M., der er­folglos einen Geldspiel-­Automaten bediente. Ein­trächtig aber schlürften bei­de Männer aus kleinen Zy­lindern ihr geliebtes Alt-­Bier. Im hinteren Bereich des Lokals wurden mit Ver­ve Würfelbecher auf die Theke gefeuert. „Schieß aus!“ brüllte einer der Her­ren. Ein anderer Mitspieler begann, hemmungslos zu wiehern. Au Weia!

Kaum dass Ali sich ein großes Bier einverleibt hat­te, da war Herr von Braunau bereits wieder zurück. In seinem Gefolge ein neues Gesicht: Der Schreber­-Gerd, nach Auskunft des Verlagsinhabers ein alter Freund und „a fähiger Ge­schäftsmann und Spitzen-­Verkäufer“. Man begrüßte sich, und der Schreber-Gerd zögerte keine Sekunde, die Gesprächsleitung zu über­nehmen, um die Freunde mit seiner Philosophie, Psy­chologie und Strategie ver­traut zu machen.

„Es ist doch heutzutage einfach so“, sagte er mit Be­dacht, aber auch mit Über­zeugungskraft, „dass, nicht wahr, die ganze Art aus­schlaggebend ist. Das Be­mühen, die Art und Weise des Auftretens, verstehen Sie mich, findet Anerken­nung, heh? Wenn ich morgen einen halben Tag rausgehe, dann hab’ ich garantiert n Tausendmarkschein ver­dient, nicht wahr. Es gibt einfach gewisse Regeln und, ich will mal sagen, Zuge­ständnisse, an die man sich halten muss. Verstehen Sie, was ich meine? Stimmt’s nicht, Walter?“ wandte, sich der Schreber-Gerd jetzt an den Verlagsinhaber, dem er - wie einem Trottel - la­chend auf die Schulter klopfte.

„Heh? - Mensch, Walter, hahahahahaah!“ Von Braunau tat so, als habe er gar nicht zugehört. Er hatte sich irgendwelche Notizen gemacht, Selbstgespräche geführt­ oder einfach weggeguckt. Trotzdem war deutlich zu merken, dass er beleidigt war. So be­mühte er sich in der folgen­den Zeit besonders, seinen Status als Hauptkommu­nikator und Oberbefehlsha­ber zu konsolidieren. Die kleine Privat-Fehde zwi­schen den beiden Freunden aber flackerte den ganzen Abend immer wieder ein­mal auf. Der Schreber-Gerd piesackte den Verlagsinha­ber, indem er ihn mit milder Nachsicht wie einen unzurechnungsfähi­gen Deppen behandelte, von Braunau schlug mit Ironie zurück.

„Wenn der Gerd nicht so faul wär’ und immer gleich Generaldirektor sein möcht’, dann könnt’ er, assoh, an gu­ter Mann sein“, sagte er zu Ali. Und zum Schreber­-Gerd: „Geh, Gerd? Stimmt’s net, alter Lackl? Ssodah! - Und jetzt, assoh, müss’ ma gehn. Da Muammar wartet nämlich.“ Erwartungsfroh machten Ali, Walter und der Schreber-Gerd sich auf den Weg in den Pariser Pub. -

Im Separee befanden sich bereits Heino Ghaddafi, sei­ne beiden Gorillas und ein Dolmetscher. Verlagsinha­ber von Braunau bestellte eine Runde Orangensaft. „Da Muammar sieht’s net gern, wenn ma Alkohol trinken“, flüsterte er Ali zu.

Die mit Spannung erwar­tete Gesprächsrunde be­gann. Es ging ausschließlich um Ghaddafis Sicherheit. Mit gutturalen und kehli­gen Lauten artikulierte der dunkle Mann mit der hellen Perücke kurze, tonlose Sät­ze. Der Dolmetscher - phänotypisch der Proto­typ eines blutrünstigen Terroristen - wal­tete seines Amtes:

„Sie, Herr von Braunau, haften mit ihrem Leben für Herrn Ghaddafis Sicher­heit.“ Der Verlagsinhaber schluckte.
„I hab’, assoh, alles im Griff“, versicherte er. „Hör mal, Walter“, misch­te sich der Schreber-Gerd ein, „ich möchte aber nicht für irgend etwas mit mei­nem Leben haften. Was sol­len wir eigentlich über­haupt hier?“
„Sei ruhig, Gerd“, zischte Walter, „sonst krieg’ ma ge­waltigen Ärger.“ Ghaddafi war abgelenkt, weil er gera­de ein halbes Hähnchen ser­viert bekam. Schmatzend verschlang der Mann aus der Wüste den fettigen Vo­gel.

Dann überschlugen sich die Ereignisse.

Wie durch Zauberei stand plötzlich ein Mann im Raum, der eine Pistole auf Ghaddafi gerichtet hielt und „Hände hoch, Heino“ brüllte. Zwei Sekunden lang passierte nichts, bis der Dolmetscher erklärte: „Der versteht nur Ara­bisch.“

„Dann übersetz’ ihm das, du Hirsch“, herrschte ihn Dr. Ewald Stramme, alias Graf Bludmann von Löller­heim, an.

Ali war wie vom Donner gerührt, der Schreber-Gerd hatte sich unterm Tisch in Deckung begeben. Da sprang einer von Ghaddafis Leibgarde vor seinen Chef und sprintete auf den Triple-Agenten Stramme zu. Zwei Schüsse fielen. Ei­nes der beiden Projektile, die von der kugelsicheren Weste des Gorillas abprall­ten, fegte als Querschläger mehrere Hühnerknochen von Ghaddafis Pappteller­ - da war Stramme auch schon überwältigt: Zwei Leberha­ken streckten den Geheimdienst-Mann nieder. Fast gleichzeitig bekam Ver­lagsinhaber von Braunau von dem anderen Leibwäch­ter eine Ohrfeige, die sich gewaschen hatte - eine An­zahlung, vermutlich, auf den Lohn des Versagers.

Dr. Alfons Kokoschinski war kurz davor, in Panik zu geraten. Denn jetzt musste man damit rechnen, dass Blut fließen würde. -

Ghaddafi hatte die Ab­wehr der Attacke auf ihn wie ein Unbeteiligter, mit einer fast unheimlichen Ruhe, verfolgt. Kerzengera­de saß er mit verschränkten Armen da und verzog keine Miene, als es plötzlich Schüsse und Schläge hagel­te. Nur als ein zweiter Querschläger über seinen Pappteller pfiff und das letzte Dutzend Pommes Frites wegfetzte, da schien er einen Moment lang böse zu gucken. Nach­dem seine Bodyguards die Situation unter Kontrolle hatten, gab er nur noch ge­langweilt ein paar pomadi­ge Zeichen. Bludmann von Löllerheim wurde darauf­hin fortgeschafft.
Verlagsinhaber von Brau­nau rieb sich die ange­schwollene rechte Wange. Einer von Ghaddafis Affen hatte ihm eine Rückhand­-Schelle verpasst. Aber er­staunlicherweise war die aggressive Potenz schnell verpufft - zumindest scheinbar.

Bludmann von Löller­heim war der geheimnisvol­le Triple-Agent Dr. Ewald Stramme! Nach der Hektik der Ereignisse wurde diese Tatsache Ali jetzt erst rich­tig bewusst. Er konnte es kaum glauben, dass dieser fette Phlegmatiker und schleimige Schnorrer derar­tig gefährliche Geschäfte betrieb. Irgendwelche klei­nen Betrügereien hätte er ihm jederzeit zugetraut. Aber so etwas!?

„Was geschieht jetzt mit ihm“, wandte Ali sich an von Braunau.

„Mit wem, mit dem Pep­perl?“ fragte der Verlagsin­haber, der sich einigerma­ßen wieder gefangen hatte, rhetorisch - „Der wird jetzt gefoltert, anschließend eingesperrt und irgend­wann dann, assoh, bei den Amerikanern einge­tauscht...

“...und was werden die mit ihm machen?“, wollte Ali wissen.

„Fast dasselbe“, vermute­te der Medienmann: „Erst foltern und dann ein­lochen“.

„Aber er hat doch für die Amis gearbeitet“, warf Ali ein.

„Und für die Russen und für die Libyer“, gab der Ver­lagsinhaber zu bedenken. „Wenn er Glück hat, lassen die USA ihn irgenwann frei, wenn er Pech hat, schicken sie ihn nach Moskau“.

„Und was würden die Russen mit ihm machen’?“

„Ihn foltern und dann ein­sperren.“ -

Eine letzte bange Frage lag Ali auf der Zunge: „Und ... was ist jetzt mit dir?“
„Wenn i, assoh, Glück hab“, sagte der Verlagsinha­ber, „dann werd i nur gefol­tert und dann eingesperrt. Wenn i viel Glück hab, dann passiert mir gar nichts - dem Muammar is ja auch nix passiert“. Schalkhaft blinzelte von Braunau Ali an und begann dann zu ki­chern: „Hihihihihihihihi­hi“. Der Mann war offen­sichtlich irrsinnig! - Aber tatsächlich hatte er viel Glück: Ghaddafi gestattete ihm fürs erste, sich gemein­sam mit Ali und dem Schreber-Gerd zurückzuzie­hen. Allen dreien wurde je­doch zur Auflage gemacht, Röteln nicht zu verlassen. Der Schreber-Gerd, dem das Entsetzen über die Er­eignisse der letzten Minuten die Zunge gelähmt hatte, be­gann zu jammern:

„Ich wohne doch aber im Auatal, was soll ich denn jetzt machen?“
„Nimmst dir, assoh, beim Dieter an Zimmer“, meldete sich der Verlagsinhaber. Da könn’ da Alfons, du und ich uns noch an gemütlichen Abend machen. - Ssodah! Gemma jetzt!“

Und so geschah es. Dass sein Leben eben noch emi­nent bedroht gewesen war, hatte von Braunau anschei­nend schon vergessen. Auch die Ohrfeige, die er sich ein­gefangen hatte, tangierte ihn nicht mehr weiter. Seine eine Gesichtshälfte war im­mer noch puterrot, als er sich erhob, „tschüss dann, Muammar“, sagte und mit den beiden Freunden den Pariser Pub verließ.

„Jetzt trink’ ma, Alfons, mit dem Gerd erst mal an schönes Bier, geh, Gertl?“

Ali und der Schreber-­Gerd hatten natürlich noch einige Fragen zu den erleb­ten geheimdienstlichen Vor­fällen. Der Mann mit der Glatze aber würgte gutge­launt alles ab.

„Die Sache hamma im Griff, Alfons“, sagte er nur zu Ali und „tu mi bitte nit nerven, Gerd“ zum Schre­ber-Gerd.

Bei „Dieter“ freute sich Herr Düsberg über die neue Gesellschaft, die sich (in Er­mangelung eines anderen Platzes) zu ihm setzte.

„Heute morgen waren 24 Grad minus“ eröffnete Herr Düsberg unaufgefordert die Konversation und saugte gierig Alt-Bier an.

„Bei uns war’s heuer ganz schön heiß“ bemerkte von Braunau und kicherte aber­mals los: „Hihihihihihihihi­hi ... geh, Alfons?“

„Das stimmt nicht“, winkte Herr Düsberg ab, „das weiß ich genau: Heute war es nicht heiß. Ich hab mir nämlich ein Thermome­ter gekauft, für 99 Pfennige, misst aber einwandfrei“.

„Aber wir haben trotz­dem ganz schön geschwitzt“, prustete jetzt der Verlagsin­haber los und verschluckte ein halbes Bier dabei. Ei­nen Augenblick lang blickte Herr Düsberg misstrauisch drein. Dann entschloss er sich, mitzulachen.

„Höhö­höhöhöhöhöhöhö, ganz schön heiß war’s heute, Höhöhöhöhöhöhöhöhöhö!!"
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Rezension von ChatGPT
„Heino, Ghaddafi und der ganz normale Wahnsinn“ ist eine skurrile und humorvolle Satire, die das Leben und Treiben in der fiktiven Hofbergklinik von Dr. Köters beleuchtet. Der Text entfaltet eine bizarre Welt, in der die Grenze zwischen Normalität und Wahnsinn verschwimmt, und er bietet eine clevere Kritik an der Gesellschaft sowie den Eigenheiten der menschlichen Psyche.

Stil und Sprache:
Der Autor bedient sich eines ironischen und pointierten Stils, der den Leser sofort in die absurde Welt der Hofbergklinik entführt. Die Sprache ist lebendig und bildhaft, reich an sarkastischen Kommentaren und humorvollen Übertreibungen. Besonders hervorzuheben ist die Fähigkeit des Autors, die Charaktere durch treffende Beschreibungen und Dialoge zum Leben zu erwecken. Die Alliteration „Hähnchen heilen Heinos Hormone“ ist ein Paradebeispiel für die spielerische Verwendung der Sprache.

Charaktere:
Die Charaktere sind liebevoll überzeichnet und in ihrer Exzentrik faszinierend. Dr. Köters, der zynische Klinikleiter, und der schüchterne Dr. Alfons Kokoschinski, der seine Angst vor der Angst überwinden muss, bilden ein ungleiches, aber interessantes Duo. Die Patienten und Mitarbeiter der Klinik sind skurrile Figuren, deren Neurosen und Eigenheiten humorvoll dargestellt werden. Besonders eindrucksvoll ist die Figur des Medien-Managers von Braunau, dessen Fähigkeit, spontan zu lügen, eine komische und gleichzeitig kritische Reflexion über Medien und Wahrheit bietet.

Humor:
Der Humor des Textes ist vielschichtig und reicht von subtiler Ironie bis hin zu grobem Slapstick. Die skurrilen Situationen und absurden Dialoge sorgen für zahlreiche Lacher, während die scharfsinnigen Beobachtungen über menschliche Schwächen und gesellschaftliche Missstände einen tieferen Humor offenbaren. Der Höhepunkt ist die absurde Geschichte um Heinos Bartwuchs und die wahre hormonale Behandlung mit Brathähnchen.

Fazit:
„Heino, Ghaddafi und der ganz normale Wahnsinn“ ist eine gelungene Satire, die mit viel Humor und sprachlicher Finesse die Absurditäten des Lebens in den Vordergrund rückt. Der Text überzeugt durch seine lebendigen Charaktere, den pointierten Stil und die intelligente Gesellschaftskritik. Wer Freude an skurrilen Geschichten und scharfzüngigem Humor hat, wird an diesem Werk großen Gefallen finden.
Die "Hofbergklinik" von Dr. Köters war beileibe keine Anstalt, in der, definitiv diagnostizierbar, Wahnsinnige ihr krankes Dasein fristeten. Es handelte sich vielmehr um eine Einrichtung, in der "bessere Kreise" ihre Neuröschen pflegten.

Viel Stammkundschaft dabei: Wer einmal festgestellt hatte, wie 1a man sich hier amüsieren konnte, der kam regelmäßig wieder.