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Ein weiteres Mal hatten sie es geschafft, unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger, ein Jahr erfolgreich zum Abschluss zu bringen - ein Jahr, man vergesse es nicht, auf dem Wege zur Apotheose. Den letzten bösen Geistern, die das ganze Jahr lang wie Kletten an ihren Opfern geklebt hatten, wurde in der Silvesternacht durch den Einsatz schwerster Detonationskörper der Garaus gemacht.
Allenthalben herrschte Euphorie: Wenn morgen ohnehin alles anders werden würde, dann konnte man heute ja noch einmal hemmungs- und gewissenlos zuschlagen - in jeder Beziehung. Wen kümmerte da schon die eingelullerte Smoking-Hose oder der Schnackerl-Fleck auf dem Dinnerjacket, die Beule am Kotflügel nach der nächtlichen Trunkenheits-Fahrt gar? Nicht erwischt. Schwamm drüber!
Die Besinnlichkeit freilich, die eigentlich bereits am Neujahrstag fällig gewesen wäre, wurde durch zwei Faktoren schwer gestört: Erstens durch den allgemein miserablen körperlichen Zustand nach der Silvesternacht und zweitens durch die Tatsache, dass noch allzuviele "Restbestände" ihrer Vernichtung harrten. -
Indessen, am zweiten Januar nahm das "Schwarze Loch" den Gravitations-Generator wieder in Betrieb. Und schon strömten die Opfer der Physik herbei. Einer, der sich nur eine Zeitung als Abendlektüre holen wollte, ein anderer, dem es lediglich um den Erwerb eines Laibes Brot, zwecks Gestaltung eines leckeren Nachtmahls, ging, ein weiterer, der möglicherweise einfach nur "zufällig" vorbei kam: Gierig schnappte der schwarze Schlund danach, schmeckte - und verschlang das ganze Gelump mit Haut und Haaren.
Die Stimmung unter den "Opfern" aber war großartig. Da waren sie alle wieder - die gleichen wie im vergangenen Jahr: Fürst Buddl, Dick van Teich, Dr. M., die Damen X, Y, Z, Herr Vögeli, der Chefinspektor der geheimen Feld- Wald- und Wiesenpolizei, der Chefinspektor der geheimen Friedhofspolizei, der Chefinspektor der geheimen Bahnpolizei Eisbergen, Schneidi, Schnalle, Lalle und Lulle und wie sie alle hießen. Und alle hatten sich tadellos herausgeputzt, den Skalp nett ondoliert, das Gefieder frisch geplättet, um ihre Kommunikations- und Konkurrenzfähigkeit auf fast schon bedenkliches Niveau zu steigern.
Keine Frage, dass es gute Wünsche zum neuen Jahr nur so hagelte. Ja, die Wucht des Wohlwollen, das so zirka alle drei Sekunden auf einen herniederprasselte, war gelegentlich kaum noch zu ertragen, zumal man bereits den ganzen Tag zuvor in der Öffentlichkeit damit konfrontiert worden war. Jeder, den man auch nur annähernd kannte, brüllte selbst von der gegenberliegenden Straßenseite aus ein "frohes, neues Jahr" herüber. "Guten Heimgang," wünschte da Hilfsdichter Vögeli schon einmal freundlich zurück, wofür er sich zumeist einen netten Dankeswink einhandelte. Solange halt die Form gewahrt bleibt, spielt der Inhalt keine Rolle. -
Während dem Hilfdichter Vögeli das Glück widerfuhr, durch eine verkehrstechnische Unregelmäigkeit endlich jene wasserblauäugig anämisch-blonde Engelsgestalt kennenzulernen, die schon seit geraumer Zeit wiederholt an seiner Seele gezupft hatte, konnten die Glücklichen im "Schwarzen Loch" auf ihre ersten Heldentaten im neuen Jahr bereits zurück blicken.
Soooh groß war der Fisch, der aus irgendeinem Tümpel gezogen wurde, dass nicht einmal beide Arme ausreichten, das Format des Prachtexemplars zu beschreiben. Für einen anderen Supertypen war es kein Problem, "es" so zehn bis fünfzehn Mal am Tag zu "machen" - dabei mehrfach gleich "mit zwei Weibern". Auch die Automatenspieler wurden vom Glück des Tüchtigen reich belohnt und warfen sich jedesmal stolz in die Brust, wenn sie die Maschine an der Wand durch persönliches Engagement zum silberträchtigen Blinken gebracht hatten.
Jeder ließ den anderen selbstlos an seinem Glück teilhaben: Geteiltes Glück heißt doppeltes Glück. Und um den Solidaritäts-Pakt zu besiegeln, wurde Schnaps gefasst.
"Frohes, neues Jahr!"
"Frohes, neues Jahr!"
"Frohes, neues Jahr!"
"Danke, ebenso!"
"Frohes, neues Jahr!"
"Gleichfalls!"
"Frohes, neues Jahr!"
"Auch!"
"Frohes, neues Jahr!"
"Jetzt reicht's aber bald!"
"Frohes, neues Jahr!"
"Hals- und Beinbruch!"
"Frohes, neues Jahr!"
"Rindvieh!"
"Frohes, neues Jahr!" "
"Hornochse!"
"Frohes, neues Jahr!"
"Meerschwein!"
"Frohes, neues Jahr!"
"Kretin!"
"Frohes, neues Jahr!"
"Mi stai sul cazzo!"
"Frohes, neues Jahr!"
"Chiudi il becco, barbone, i va in mona!"
"Frohes neues Jahr!"
"Gute Nacht, Marie!"
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Rezension von ChatGPT
Der vorliegende Text entfaltet eine lebendige und satirische Darstellung des Neujahrsfestes, durchzogen von scharfer Gesellschaftskritik und einem Hauch von Absurdität. In einem stilistisch facettenreichen Ton wird der schillernde Charakter der Protagonisten skizziert, die nach einem Jahr voller Herausforderungen in der Silvesternacht hemmungslos feiern. Die Verwendung von humorvollen, übertriebenen Beschreibungen schafft eine lebendige Kulisse, die den Leser sowohl amüsiert als auch zum Nachdenken anregt.
Die eingangs zitierten Gedanken über Lügen und die Suche nach Wahrheit ziehen sich wie ein roter Faden durch den Text. Sie reflektieren das menschliche Bedürfnis, sich in einer von Illusionen geprägten Welt zurechtzufinden. Besonders bemerkenswert ist, wie die Charaktere, trotz ihrer Exzesse und moralischen Fragwürdigkeit, als sympathisch und nachvollziehbar erscheinen. Die Dialoge sind spritzig und abwechslungsreich, wobei die ständige Wiederholung der Neujahrswünsche sowohl eine komische als auch eine absurde Note ins Spiel bringt.
Das „Schwarze Loch“ als Symbol für das gesellige Miteinander und die Feierlichkeiten ist eine gelungene Metapher, die die Widersprüchlichkeit des menschlichen Verhaltens thematisiert: Während man in der Gemeinschaft feiert und teilt, bleibt die individuelle Einsamkeit oft unausgesprochen.
Die stilistische Dichte des Textes, kombiniert mit einem scharfen Blick auf die Eigenheiten menschlichen Verhaltens, schafft eine dichte Atmosphäre, die sowohl unterhält als auch zum Nachdenken anregt. Der Text ermutigt dazu, die eigene Realität zu hinterfragen und wirft Fragen zu den Werten auf, die während solcher Feste auf die Probe gestellt werden.
Insgesamt ist dieser Auszug ein gelungenes Beispiel für humorvolle Gesellschaftskritik, die mit scharfen Beobachtungen und einer lebhaften Sprache überzeugt. Er lädt dazu ein, das eigene Feiern und die damit verbundenen Traditionen kritisch zu reflektieren, und bleibt im Gedächtnis des Lesers haften.
"...wenn auch die, die jetzt bei uns feiern, betrunken sind,
so sind es dennoch ehrenwerte Menschen, und obgleich wir alle phantasieren -
und auch ich lüge - so werden wir uns schließlich doch zur Wahrheit hingelogen haben."
(Rasumichin)
"Eigene Lüge ist immer noch besser als fremde Wahrheit."
(Rasumichin)
"Der Beste muss mitunter lügen. Zuweilen tut er's mit Vergnügen."
(Wilhelm Busch)