Man erinnere sich, gefälligst! Den "flotten Dreier" hatte man samt engerer Gefolgschaft in die Klinik von Dr. Köters eingesperrt - zur Beobachtung, wie es hieß. Fans und Jünger, die sich noch in Freiheit befanden, sahen das etwas anders. Von Verhören, von Folter gar, war die Rede. Tatsache ist, dass bei der Internierung der Männer Handfeuerwaffen zum Einsatz gekommen sein sollen. Es schwefelte in der Gerüchteküche. Mären von wundersamen Ereignissen zirkulierten durchs Rund. Je orthodoxer freilich sich die religiöse Atmosphäre verdichtete, desto häufiger keimte auch Aggressivität gegenübe Abwieglern und Nonkonformisten auf.
Das erste Opfer von Fanatikern wurde der Fremde, der behauptet hatte, die Sprache des flotten Dreier zu erkennen: "Duunsk" sollte es sein. Was damit konkret gemeint war, wurde der Öffentlichkeit durch eine Indiskretion sehr bald gewahr. Die Folge war, dass der Fremde, kaum dass eine wütende Menge vor der Klinik seiner habhaft wurde, sich vor Schlägen kaum retten konnte. Und hätte er nicht fluchtartig die Stadt verlassen - er wäre, wie in solchen Fällen wohl üblich, gesteinigt worden. - Was war geschehen?
Nun, der Fremde hatte zunächst einen Liter Doppelkorn und zwei Gläser verlangt, wobei die blauen Augen des flotten Dreiers freundlich zustimmend blinkten. Die beiden stetzten sich alsdann hin und tranken die Flasche vor den erstaunten Augen mehrerer Wissenschaftler innerhalb einer halben Stunde aus. Der Effekt: Selbst wenn der Fremde die Sprache des heiligen Mannes tatsächlich verstanden hätte, es hätte niemandem etwas genützt - weil sein "Duunsk" jetzt nämlich erst recht nicht mehr zu verstehen war.
"Mehr Alolo," verlangte er - und das langte, ihn als Frevler und Tagedieb zu entlarven und aus der Klinik zu jagen. Nicht zuletzt auf Betreiben des flotten Dreiers: Der hatte, kaum dass die Flasche leer war, begonnen, den Fremden zu schmähen, wobei die Linguisten gleich wieder etwas neues zu tun bekamen.
"Haltn Schnabel, du Potzer," fuhr Dreier den Fremden böse an.
"Potzer?" fragte Dr. Kokoschinski aus dem Off vorsichtig nach.
Der flotte Dreier reagierte mit einem fast gütigen Lächeln an.
"Bonze, du, kleiner Lümmel," sagte er und drohte schelmisch mit dem Zeigefinger ins Off zurück.
"Bonze?"
"Pottsau!"
Pottsau?"
"Panzer!"
"De la Pozzo, die Pozzi!"
Der flotte Dreier paraphrasierte vergnügt drauf los.
Die Wissenschaftler waren ratlos. Immerhin: Wenn der flotte Dreier - was durchaus gelegentlich geschah - auch mal eine Lied anstimmte, dann ließen sich seine Worte deutlich vernehmen - allein, es handelte sich dabei dennoch stets um eine schwerstbeladene Symbolsprache, deren Entschlüsselung selbst den kompetentesten Fachleuten Kopfschmerzen verursachte.
"Ein Hitlerjunge hält treu die Lagerwacht.
Das Feuer knistert.
Und dunkel war die Nacht."
Was mochte sich hinter diesen Worten verbergen?
Immer mehr schwarz uniformierte "Opus-Dei"-Agenten sowie bewaffnete "Assessoren", die mit einer größeren Delegation der Kongrgation für Glaubensfragen nach Röteln geschickt worden waren, bestimmten das Bild der Stadt. - In diesem Klima wucherte das Charisma unseres geheimnisvollen Protagonisten bald ins Unermessliche. Die Rezeptoren der Rötelner Bürger waren bis über die äußerste Absperrung hinaus ausgefahren.
Und wenn alle acht bis neun Sinne dergestalt hypersensibilisiert sind, dass die Synapsen nur so krachen, wenn jedem noch so albernem Ding eine vermeintlich Seele injiziert wird, dann geschehen sie fast zwangsläufig, die Wunder.
Im Gasthaus "Schwarzes Loch" traf sich inzwischen täglich eine Gruppe von Männen, denen es gelungen war, etwas Sensationelles vor der Öffentlichkei zu verbergen. Es war jeden Abend zur gleichen Zeit durch ein Fenster nach Osten zu beobachten. Um 18.55 Uhr erschien über dem Gebäude des Aldi-Marktes ein blendendes, weißes Licht. Hilfsdichter Vögeli, dessen Verleger Dr. Mengele, sowie Sponsor Fürst Buddl waren sich einig: Es handelte sich einwandfrei um eine Marienerscheinung. Dass von dem Licht keine Botschaft herüberkam, war den Freunden vollkommen klar: Bei Männern im gesetzteren Alter ist halt die morlische Integrität nicht mehr so ganz ohne Kratzer. - Man beschloss daher, bei nächster Gelegenheit ein paar Jungfrauen als Medien zu engagieren. -
Wenn das Volk auf seinen Haupt-Heiligen verzichten muss, dann sucht es sich bekanntlich einen Ersatz. Der Vize-Messias, ein ebenfalls sehr kleiner Mann mit einer nicht zu identifizierenden Sprache, ward bald entdeckt: Krasnoludek Flachmann, der "Bruder des Herrn", genannt "Jakobus Mottek, der Heilige", sollte der "Lehrer der Gerechten" sein, solange man den flotten Dreier im Irrenhaus gefangen hielt. Jakobus Motteks ersten Amtshandlung wurde die Segnung des Doppelkorns. Die ganze Stadt hatte nämlich inzwischen erfahren, dass der flotte Dreier Schnaps getrunken hatte (und dass dabei unter anderem das Wort "Selbstfindung" gefallen sein soll) - und kaum jemand zögerte, es dem Meister nachzutun: Im "Schwarzen Loch", bei Etienne Eigler, im "Würgerkrug" und sogar im "Gonndähner", wo sonst nur "Flens" angesaugt wurde - überall kam jetzt nur noch der heilige "Fürst Bismarck" auf den Tisch.
Und siehe: Es dauerte keine sieben Monde, da ward die heilige Sprache "Duunsk" bald überall verstanden und gesprochen.
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Anfang und Ende der Dinge werdenden Menschen immer ein Geheimnis bleiben. Er ist ebenso unfähig, das Nichts zu sehen, aus dem er stammt, wie die Unendlichkeit zu erkennen, die ihn verschlingen wird
(Pascal)
Der Lüge kecke Zuversicht reißt hin. Das Wunderbare findet Gunst und Glauben.
(Schiller)
Wer die Welt nicht von Kind auf gewohnt wäre, er müsste den Verstand verlieren. Das Wunder eines einzigen Baumes würde genügen, ihn zu vernichten
(Morgenstern)
Der Mensch versuche die Götter nicht und begehre nimmer und nimmer zu schauen, was sie gnädig bedecken mit Nacht und Grauen.
(Schiller)


Rezension von ChatGPT
#### Inhalt
Der Text entfaltet eine dystopische Erzählung, die in einer Stadt spielt, in der eine Gruppe von Menschen – der "flotten Dreier" – in einer Klinik zur Beobachtung eingesperrt ist. Die öffentliche Wahrnehmung dieser Figuren und die Dynamik zwischen den Bürgern und den Institutionen, die sie kontrollieren, stehen im Mittelpunkt der Handlung. Die Verwirrung über die Bedeutung der von ihnen gesprochenen Sprache, die als "Duunsk" bezeichnet wird, spiegelt die allgemeine Suche nach Sinn und Verständnis wider.
#### Themen
1. **Existenzialismus und das Unbekannte:**
Die Zitate von Pascal und Morgenstern betonen das Geheimnis des Ursprungs und des Endes des Lebens, was das gesamte Narrativ durchzieht. Die Protagonisten scheinen in einem Zustand der Ungewissheit gefangen zu sein, was ihre Existenz und die Welt um sie herum betrifft.
2. **Glauben und Fanatismus:**
Die Stadt wird von einem religiösen Fanatismus geprägt, der sich gegen Andersdenkende richtet. Schillers Zitat über die Lüge und das Wunderbare hebt die Fragilität des Glaubens hervor, der in Zeiten der Unsicherheit leicht manipuliert werden kann. Dies zeigt sich in der Aggressivität der Bürger gegenüber dem Fremden, der die Sprache des "flotten Dreiers" zu verstehen behauptet.
3. **Sprache und Kommunikation:**Die Schwierigkeiten, die die Wissenschaftler mit der Sprache des "flotten Dreiers" haben, illustrieren die Herausforderungen, die das Verstehen und die Kommunikation zwischen Menschen mit sich bringen. Der Humor in den Missverständnissen spiegelt die Absurdität des menschlichen Lebens wider.
4. **Kritik an der Gesellschaft:**
Die satirischen Elemente, wie die Segnung des Doppelkorns und die Selbstfindung im Kontext von Alkohol, kritisieren die Scheinheiligkeit und den Materialismus in der Gesellschaft. Die Suche nach Wundern und Sinn wird hier auf eine groteske Ebene gehoben.
#### Stil
Der Schreibstil ist reich an Metaphern und spielt mit dem Wechsel zwischen Ernsthaftigkeit und Ironie. Die Sprache ist lebhaft und schafft ein Bild von einer Gesellschaft, die an der Grenze zwischen Normalität und Wahnsinn balanciert. Die Dialoge zwischen den Figuren sind scharfsinnig und humorvoll, was die Absurdität der Situation verstärkt.
#### Charaktere
Die Charaktere sind archetypisch, wobei der "flotte Dreier" als geheimnisvolle, fast mythische Figuren dargestellt werden, während der Fremde die Rolle des Außenseiters und Skeptikers einnimmt. Die Wissenschaftler und die "Opus-Dei"-Agenten repräsentieren unterschiedliche Facetten der Gesellschaft, die sich im Kampf um Wahrheit und Glauben befinden.
#### Fazit
Der Text ist eine vielschichtige Erzählung, die sowohl philosophische als auch satirische Elemente miteinander verbindet. Er regt zum Nachdenken über Glauben, Identität und die Komplexität menschlicher Kommunikation an. Die Dynamik zwischen den Charakteren und die Absurdität der Situation schaffen eine fesselnde Erzählung, die sowohl unterhält als auch zum Nachdenken anregt. Die Verwendung von Humor im Angesicht von Fanatismus und die Erkundung der menschlichen Natur in Krisenzeiten machen diesen Text zu einem eindringlichen und relevanten Werk.
Insgesamt ist der Text eine gelungene Reflexion über die menschliche Existenz und die Suche nach Sinn, die in einer absurden und oft grotesken Welt verankert ist.
