Zwei exorbitante Ereignisse rüttelten die Menschen aus ihrem Winterschlaf. Erstens: Das Spitzbobele war endlich die Nummer Eins in der Weltrangliste geworden - und zweitens: Im nahen Morgenlande machte es auch Bummbumm.

Wie das passte! Die kalte Jahreszeit war in der Regel bekanntlich unendlich langweilig, weil kein Fußball gespielt wurde. Doch dafür gab's ja jetzt den Golfkrieg, und der war fast ebenso spannend wie die Bundesliga. Im Fernsehen traten nicht länger Udo Latte, Bayerncoach Sepp Heynkes oder Torwarttrainer Jupp Maier auf. Quasi als Stellvertreter flimmerte stattdessen ein anderer Stratege in großdeutsche Wohnzimmer - einer, der das Glück hatte, auf einem ungleich größeren Spielfeld Elfmeter, Flanken und Schüsse üben zu dürfen: General Norman Schweinskopf, der Kinderfresser (im sympathischsten Sinne natürlich), das verbündete "Frontschwein".

Nicht Marcel Reif berichtete aus Schalke noch Blödmann Rubenbauer aus München oder Nürnberg - sondern Friedrich Scheisser (wie war doch gleich der Name?) aus Jerusalem, dem deutschen Volk wiederholt und äußerst dringlich einzubläuen, wie tückisch, feige und gemein es doch sei. Wir wollen's dem Mann nicht allzu übelnehmen - man ist halt schnell geschwitzt, wenn einem Nacht für Nacht die Alarmsirenen um die Ohren fliegen. Darüber hinaus: Unsere Bundeswehr ist zwar eine starke Truppe, aber dass sie am Krieg teilnimmt, kann ja wohl niemand ernstlich verlangen. Schließlich hat Dr. Kohl persönlich wiederholt darauf hingewiesen, dass deutsche Soldaten keinen Kriegsdienst - sondern Friedensdienst leisten. Auch die Sache mit dem "potentiellen Mörder" dürfte damit endlich vom Tisch sein. -

Eines allerdings schien doch oberfaul im Staate Dänemark zu sein: "Teufel stellt in Stuttgart neues Kabinett vor" stand doch eines Tages tatsächlich auf der Titelseite der Tageszeitung. Na, dass es soweit nicht kommen würde, dafür würde sicherlich schon Herr Genscher sorgen!

Zurück zu Nebukadnezar: Das Geld, das der Bürger in dieser Zeit - wg. mangelnder Möglichkeiten, ein Fußballstadion aufzusuchen - einsparte, gab er jetzt dem Präsidenten Bush, damit der für das lustige Schießen auf Gummipanzer und Sperrholzraketen ordentlich Nachschub besorgen konnte. Acht Milliarden waren zwar fix verpufft, doch wusste man, dass man mit seinen Solidarbeiträgen ein gutes Werk unterstützte: Die Vernichtung von Satan Hussein (oder "So Damn Insane", wie der Amerikaner sagt) und die Rettung von Abertausenden von Arbeitsplätzen in der Rüstungsindustrie (und im Baugewerbe).

Würde Dr. Alfons Kokoschinski bald arbeitslos werden, weil sich alle normalen Menschen auf der Welt solidarisierten und die wenigen Quertreiber nach und nach bekehrt wurden? Zunächst hatte zwar Betroffenheit dominiert, als die Menschen merkten, dass Kuwait der Prinz Leopold des dritten Weltkrieges werden würde. Es wurde viel geweint und gebetet und auch schon mal in die Büchs' gemacht. Doch allmählich merkten selbst die Dümmsten, dass Satan Hussein ja angefangen hatte. Von so einem Irren lässt man sich doch nicht erpressen! Aber wenn er es nicht anders haben will... ; Recht muss schließlich Recht bleiben, da gibt es kein Vertun! Das würden vor allem auch die militanten Pazifisten bald einsehen müssen.

Noch war Ali nicht arbeitslos. Eines Tages konsultierte ihn ein mittelalter Büromensch. Glatze, dunkler Anzug, Hornbrille - der Mann hätte auch Politiker sein können. Sein Problem sei, wie er es selbst formulierte, dass er eigentlich keine Probleme habe.
"Ich bin Arbeitsplatzinhaber, habe einen durchaus akzeptablen Grundfreibetrag beim Finanzamt und einen Einstellplatz für meinen Pkw. Und trotzdem bin ich betroffen - weiß aber nicht, was mich so betroffen macht."

'Lass dir mal deinen mausgrauen Zwirn wegoperieren', kam es Ali spontan in den Sinn - aber sowas durfte man natürlich nicht sagen. Was den Kerl depressiv machte, war klar: Es war der - berechtigte - bodenlose Ekel vor seiner eigenen Person.

"Sind sie Alkoholiker?"

"Nein, ich trinke nie."

'Dann solltest du langsam mal damit anfangen', dachte Ali bei sich. 'Das ist deine einzige Chance, du FDP-Lackl.' -

"Wer ist eigentlich dieser Dr. Kokoschinski", wollte eines Tages im Gasthaus "Zum schwarzen Loch" "Helllmut" von Herrn Vögeli wissen.

"Den gibt es gar nicht, der existiert nur als Idee," offenbarte Vögeli die wunderbare Welt der Erscheinungen - "ebenso wie du selbst, Helllmut: Dich gibt's nämlich auch nur relativ. Genau genommen bist du nichts anderes als ein alberner kleiner Gedanke. Aber tröste dich - das ist immer noch besser als gar nichts. - Im Grunde gibt es überhaupt nur eine einzige Person in unserem Umfeld, die absolut real ist."

"Und wer ist das?"

"Na wer wohl?" - Der Chefinspektor der geheimen Bahnpolizei Eisbergen natürlich!" (Bekannt aus unserer Studie über Schalke 04)

"Und was ist mit Edgar Wallach?"

"Schau ihn dir doch an, wie weggetreten der schon wieder herüberlugt! Ein typisches Beispiel für eine verblassende Idee, eine, die kaum mehr zum Gedanken taugt."

"Helllmut" schluckte. Da kam, leicht buckelig, der Dr. Mengele hereingeschneit.

Mengele (scheel zu Vögeli herüberfeixend): "Hirnschiss!"

Vögeli (zu "Helllmut"  und Edgar Wallach): "Habt ihr gehört, was der Kerl zu mir gesagt hat? - Wenn ich ihn töte, seid ihr meine Zeugen dafür, dass er den Krieg angefangen hat!"

Fremder Statist (mischt sich ein): "Wo bleibt da die Verhältnismäßigkeit der Mittel?"

Vögeli (leicht gehetzt): "Aha! Der Feind hat schon einen Verbündeten. Da muss ich halt die ganze teuflische Koalition zerschlagen!"

"Helllmut" (zweifelnd): "Kann man denn Gedanken überhaupt töten?"

Vögeli (mit vertikalen Chauvinistenfalten auf der Stirn): "Wenn der Gedanke ein Aggressor ist, wenn er angefangen hat, dann ist es meine heilige und meine gerechte Pflicht, ihn gnadenlos zu vernichten!" (Etwas besonnener, zu "Helllmut" und Edgar Wallach):

"Nur eines weiß ich nicht genau: Ob nämlich dereinst das große Tribunal euch beiden Hirngespinste als Zeugen akzeptieren wird ..."
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Rezension von ChatGPT

**Einleitung:**
Der vorliegende Text verbindet Satire, Gesellschaftskritik und philosophische Reflexion, um die Absurdität von Krieg und die Verlogenheit politischer Diskurse zu beleuchten. Anhand des Golfkriegs als zentralem Ereignis wird ein scharfer Blick auf die menschliche Natur, soziale Normen und das individuelle Empfinden geworfen. Der Stil ist geprägt von einem ironischen Unterton und einer Vielzahl von literarischen Anspielungen.

**Inhaltliche Analyse:**
Der Text eröffnet mit einem Zitat von Innozenz D. Vogler, das den Leser direkt in die zentrale Thematik einführt: die Bankrotterklärung von Vernunft, Politik und Menschlichkeit. Dieser Ansatz schafft eine kritische Grundstimmung, die sich durch den gesamten Text zieht.

Die Einbindung des Golfkriegs als Hintergrundgeschehen ist sowohl gewitzt als auch besorgniserregend. Der Autor kontrastiert die Langeweile der Wintermonate, in denen kein Fußball gespielt wird, mit den „spannenden“ Nachrichten aus dem Morgenland. Diese Verbindung zwischen Sport und Krieg offenbart die Absurdität, wie das Alltägliche mit dem Tragischen verknüpft wird. Fußball, ein Symbol für nationale Identität und Gemeinschaft, wird hier zum Vehikel, um die gesellschaftliche Realität zu hinterfragen.

**Charaktere:**
Die Charaktere sind archetypisch und vielschichtig. Ali, der Psychologe, repräsentiert die Stimme des gesunden Menschenverstandes, während „Helllmut“ als Beispiel für den durchschnittlichen Bürger dient, der in seiner inneren Leere gefangen ist. Diese Figuren zeigen auf, wie Individuen auf gesellschaftliche und politische Umstände reagieren und reflektieren gleichzeitig die allgemeine Betroffenheit in einer Zeit des Krieges.

Der Dialog zwischen den Charakteren ist sowohl witzig als auch tiefgründig. Vögeli und seine spitzen Bemerkungen zu den anderen Figuren sind Ausdruck einer bitteren Ironie, die den Leser dazu anregt, über die Substanz von Gedanken und Ideen nachzudenken. Der Text stellt die Frage, ob es überhaupt möglich ist, Gedanken zu „töten“ und ob diese Gedanken als Aggressoren betrachtet werden können.

**Stilistische Mittel:**
Der Stil ist geprägt von einem scharfen, satirischen Ton, der durch die Verwendung von Humor und Ironie verstärkt wird. Der Autor bedient sich literarischer Anspielungen und einer bildhaften Sprache, um komplexe gesellschaftliche Themen zu verdeutlichen. Der Einsatz von Dialogen schafft eine dynamische Erzählweise, die den Leser aktiv in die Thematik einbezieht.

**Gesellschaftskritik:**
Ein zentrales Element des Textes ist die scharfe Kritik an der politischen Rhetorik und der Kriegspropaganda. Die Figuren diskutieren die vermeintliche „Notwendigkeit“ von Krieg und die moralischen Implikationen, die damit verbunden sind. Der Bezug zu „Satan Hussein“ und die Frage nach der „Verhältnismäßigkeit der Mittel“ sind provokante Anspielungen, die den Leser dazu anregen, über die ethischen Dimensionen von Krieg und Frieden nachzudenken.

**Fazit:**
Insgesamt ist der Text eine kluge und vielschichtige Auseinandersetzung mit den Themen Krieg, Politik und menschliche Existenz. Die satirische Betrachtung der gesellschaftlichen Realität und die Reflexion über die eigene Identität im Kontext von Krieg und Frieden sind zeitlos und von großer Relevanz. Der Autor gelingt es, mit Witz und Schärfe eine eindringliche Botschaft zu vermitteln, die den Leser dazu anregt, über die Absurdität des menschlichen Daseins nachzudenken. Diese Mischung aus Humor und ernster Kritik macht den Text zu einer gelungenen und anregenden Lektüre.
Das Gesetz ist eine Bankrotterklärung der Vernunft.
Krieg ist eine Bankrotterklärung der Politik,
Politik ist eine Bankrotterklärung des Menschen,
der Mensch ist eine Bankrotterklärung der Natur...
(Innozenz D. Vogler)