Auf jeden Fall wollte er jetzt aber wissen, warum dieses mobile Klosett vor das Bürgerhaus geschleppt worden war: Die Plakate, die über der Urinrinne klebten, deuteten darauf hin, dass demnächst auf dem Markt eine Wahlkampfveranstaltung der SPD stattfinden sollte. Wie aus der Ankündigung hervorging, sollte es anschließend im "Silbernen Mond" ein Essen geben: Braunkohl mit Pinkel...
Irgendetwas kam Ali bei der ganzen Angelegenheit spanisch vor. Wieder kam ihm ein Zitat in den Sinn. Der Saarländische Umweltminister Jo Leinen hatte den 54,4-Prozent-Sieg seines Chefs Oskar Lafontaine folgendermaßen kommentiert: "Wir haben im Kläranlagenbau die Dinge nach vorne gebracht. (...) Wir haben einiges angeschoben und ernten jetzt die Früchte."
Was wollte der gute Mann seiner Gemeinde damit nur sagen?
Pinkel, Toilettenwagen, Braunkohl, wenn der Knopf erst auf ist – das Ganze roch doch irgendwie... nach Friedenssicherung oder so. Wo war Genseher? – Die Frage beantwortete später im "Bericht aus Bonn" Ernst Dieter Lüg (sprich "Lueg", wie Lug und Trug). Lüg: "Genseher, der zwischen zwei Reisen beim Bundeskanzler in Bonn Station machte, bastelt bereits an einer neuen Friedensordnung – deren Konturen allerdings noch verschwommen sind." Dann würde ja doch alles in Ordnung kommen.
Die Wahlkampfveranstaltung am nächsten Wochenende aber wollte Ali sich auf keinen Fall entgehen lassen.
Zwischendurch aber musste er sich gelegentlich um die Kameraden in der Hofbergklinik kümmern. Gerade hatte Dr. Köters wieder einen Burschen eingesperrt, den Ali sich einmal vorknöpfen sollte. Köters gab Ali das Protokoll eines ersten Gesprächs, das er mit dem Patienten geführt hatte. Darin las er:
"So viele Leute haben mir schon gesagt, dass ich keinen Geschmack habe, das muss denn ja wohl stimmen. Bereits als Kind hatte ich eine Vorliebe für blaue Kleidung. Meine Mutter meinte aber immer, ich müsse – korrespondierend zu meiner Haar- und Augenfarbe – braune Klamotten tragen.
Egal. Jedenfalls gibt's auch Probleme mit der Musik. Ich weiß einfach nicht, was gut ist.
Mit Frauen kennen sich andere Leute viel besser aus. Als Versager habe ich natürlich keinen besonderen Typ. Haut-, Haar- oder Augenfarbe sind mir, ebenso wie Größe und Gewicht, insofern relativ gleichgültig, als ich, natürlich fälschlicherweise, immer angenommen habe, dass man in jeder "Kategorie" liebenswerte Personen finden kann.
Ich bin nicht in der Lage, die Zeit im richtigen Moment zu erkennen. Sonst hätte ich mir die Ohrfeigen, die es für Schüler gab, die ihre Haare über den oberen Rand der Ohren gekämmt hatten, leicht sparen können. Heutzutage zum Beispiel tragen ja die meisten der damaligen Prügel-Pauker ihre Matte dergestalt, dass gelegentlich die Löffel gar nicht mehr zu sehen sind.
Niemand wird sich wundern, dass ich selbstredend auch die falsche Partei wähle. Ich hab' eben einfach keine Ahnung."
Gute Güte, was sollte man mit der Memme nur machen? – Dr. Köters hatte sich auf dem Papier Notizen gemacht, die aber nur zum Teil mit dem Patienten zu tun hatten. Da stand zum Beispiel "popelt" oder "Cognac kaufen", und am rechten oberen Rand hatte Köters offenbar einen Buchtitel notiert:
WIE MAN MIT PLUMPER PSYCHOLOGIE EIN TUMBES PUBLIKUM KONTROLLIERT
Unglaublich, was es alles gab. Leider konnte Ali nicht das Geringste damit anfangen. So beschloss er, den elenden Fall auf den nächsten Tag zu verschieben und ging, in der Hoffnung, vielleicht den Schnorschel-Schorsch zu treffen, in die Destillation, um ein paar Getränke anzusaugen.
Seine Wünsche wurden nicht nur erfüllt, sondern, um einen Extraschorsch sozusagen, übertroffen. In der Tat hatten der Schnorschel und der Thraker nicht nur bereits Bekanntschaft gemacht – sie befanden sich mitten in einem mit rhetorischen Aperçus gespickten Streitgespräch.
S.-Schorsch: "Sag mal, hast du vielleicht nicht alle Tassen im Schrank, oder warum machst du immer 'pabberlabam, pabberlabam'?"
T.-Schorsch: "Achileon, Achileon! Warum machst du immer 'Schnoschel'?"
S.-Schorsch (blickt schwärmerisch ins Leere): "Ach nee, war dat schön, isch könnt' sofort wieder ins Fluchzeug steigen, de Tauchermaske im Handgepäck..."
T.-Schorsch (schaut mitleidig zu S.-Schorsch herüber, wedelt mit der Hand vor seinem Gesicht und macht dann zwei, drei Mal "pabberlabam, pabberlabam").
Vorhang.
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Rezension von ChatGPT
Der Text ist ein faszinierendes Stück Satire, das die Absurditäten und Ungereimtheiten politischer und sozialer Kontexte karikiert. Im Zentrum steht Dr. Alfons Kokoschinski, der im Laufe der Geschichte von skurrilen Beobachtungen und absonderlichen Anekdoten zu einer nicht enden wollenden Kette von Missverständnissen, Spitzfindigkeiten und abwegigen Gedanken getrieben wird. Der Bezug zur Politik und den dabei oft vollmundigen, aber leeren Phrasen wird immer wieder durch ironische Wendungen und Zitate von realen Personen wie dem Umweltminister Jo Leinen oder der Spitzenbemerkung von Sportreporter Bernd Heller hergestellt.
**Zentrale Elemente der Satire:**
1. **Verwirrende Symbolik**
Der Toilettenwagen, die SPD-Wahlkampfplakate und das Braunkohl-Essen mit Pinkel werden geschickt als Symbole für den Wahlkampf und dessen „dufte“ Versprechen benutzt. Die Anspielungen auf Ausscheidung und "Abwasserpolitik" sind eine klare Anspielung auf die oft schmutzigen Seiten politischer Kämpfe und deren Ergebnisse, die für den Wähler oft unappetitlich bleiben.
2. **Verwirrte Wahrnehmung der Realität**
Kokoschinski als Figur bewegt sich durch eine Reihe von missverständlichen Dialogen und inneren Monologen, die aufzeigen, wie realitätsfern und ziellos das Leben in der politischen Peripherie manchmal erscheint. Die Verknüpfung von scheinbar trivialen Ereignissen – das Bezahlen der Toilette oder die Kommentare eines Sportreporters – mit großen politischen Konzepten schafft ein humorvolles und zugleich tiefes Bild der Politik als undurchdringliches Labyrinth.
3. **Figuren aus der Groteske**
Die Nebenfiguren wie Dr. Köters und die Schorsche sind absurd und klischeehaft, und ihre exzentrischen Kommentare und Verhaltensweisen unterstreichen die Absurdität der Situation. Die Schorsche in ihrem Streitgespräch sind fast wie Commedia-dell'arte-Charaktere, die in einem banalen, endlosen Austausch stecken. Ihre sprachliche Übertreibung („pabberlabam“) macht die Szene besonders skurril.
4. **Gesellschaftliche Kritik**
Der Patient in der Hofbergklinik mit seinem Selbstmitleid und der mangelnden Fähigkeit, sich anzupassen, verkörpert eine Art resignierte Entfremdung. Durch seine Schilderung wird deutlich, wie schwierig es für einige ist, in eine konformistische Gesellschaft zu passen, in der Geschmack, Mode und politische Orientierung vorgegeben scheinen.
Insgesamt verbindet der Text humorvoll verschiedene Ebenen der Politik, Gesellschaft und persönlichen Unsicherheiten. Er spielt meisterhaft mit Absurditäten und nimmt politische Rituale ebenso auf die Schippe wie die kleinen menschlichen Schwächen. Der letzte Abschnitt, das Streitgespräch der beiden Schorsche, dient dabei als Höhepunkt, der das Ganze in einem komödiantischen Finale kulminieren lässt – quasi ein absurdes Theaterstück im Miniaturformat.
So. Dr. Alfons Kokoschinski hatte also die 50 Pfennige Eintritt für den Toilettenwagen bezahlt, da fiel ihm unvermittelt der Spruch von Sportreporter Bernd Heller ein, der über den Skifahrer Hannes Zehentner mal gesagt hatte: "Wenn der Knopf erstmal auf ist, dann läuft es wie geschmiert."
Tja, bei Ali lief nun aber gar nichts – wohl, weil er ja auch gar nicht musste.